Stage Whispers: Shen Yun
CORAL DROUYN
Künstlerischer Leiter D. F., Arts Centre Gold Coast: 20. bis 21. Januar 2018. Perth: 24. bis 28. Januar. Canberra: 31. Januar bis 1. Februar. Sydney: 7. bis 11. Februar. Bendigo: 3. bis 4. Februar. Adelaide: 13. Februar.
Da ist etwas „von einer anderen Welt“, ja etwas Magisches an Shen Yun. Diese Darbietung löst eine Reihe von Adjektiven aus, die alle mit e anfangen … exquisit, ätherisch, exzellent, esoterisch, erregend.
Sicherlich verbindet diese Inszenierung High-Tech-AV und Computeranimation – das ist Ken-Chieh Hsu und seinem Team zu verdanken – in Form von Bühnenbild und digitaler Animation, wie wir sie bisher nur auf der Leinwand in den teuersten Filmen gesehen haben. Dazu kommt die Reinheit der Darbietung –mal zwe kein Schnickschnack oder Tricks, nur staunenswerte Disziplin und Präzision, gepaart mit herausragendem Talent. Alle Hände bewegen sich wie eine Hand, jede Umdrehung, jede Arabeske ist gleich hoch. Es ist wirklich atemberaubend, und viele Ballettensembles würden gut daran tun, die Disziplin der Tänzerinnen und Tänzer von Shen Yun und ihre hervorragende Technik zu studieren. Dennoch ist da eine Naivität, eine Unschuld und ein Respekt vor der Kultur, weit entfernt vom Glamour der meisten zeitgenössischen Theater.
Genau diese Verbindung von Super-Hightech-Präsenz mit der Reinheit des alten chinesischen Tanzes (einschließlich Turntechniken und Akrobatik), macht aus dieser Vorstellung eine ganz besondere Darbietung.
Visuell ist die Show – abgesehen von den Tänzerinnen und Tänzern, die buchstäblich von der Bühne zu fliegen und in die Wolken oder die Landschaft dahinter zu schweben scheinen, nur um dann zurückzufliegen und wieder auf der Bühne zu landen – eine reizvolle Collage aus Stoffen und Farben. Die Kostüme sind hervorragend, in wunderbaren Farbkombinationen, die an leckere Sorbets erinnern – pistazienfarben und zartes Lavendel, knalliges Orange und saftiges Mintgrün – Farben, die eigentlich nicht zusammenpassen, sie tun es aber.
Das Programm ist eine Mischung aus historischem klassischem Tanz in seiner ganzen Schönheit, mit schrulligen und schelmischen Possen und sogar einigen politischen Anmerkungen über das moderne China an sich (aber seien Sie beruhigt, es geht um das Betrachten einer wahren Geschichte von einem spirituellen Standpunkt aus, nicht um Propaganda).
Zu meinen Lieblingsstücken gehören das von Michelle Ren choreografierte „Ärmel der Han-Dynastie“, in dem die Kostüme der Tänzerinnen mit unglaublich langen Ärmeln ausgestattet sind, die ähnlich wie das „Band“ im Kunstturnen funktionieren. Das Flattern und Wogen des langen Materials – zwölf Tänzerinnen mal zwei – in völligem Einklang zu sehen, ist von solcher Schönheit, dass man kaum wagt zu atmen. Ein ähnliches Stück ist das exquisite „Fliegende Taschentücher“, ebenfalls choreografiert von Ren mit Yungchia Chen, wo die Tänzerinnen mit einfachen Stoffteilen Tricks ausführen, die alle Frisbees ein für alle Mal in den Mülleimer verbannen.
Unter den Geschichten, die erzählt werden, sind „Affenkönig gegen Hexenmeister“, wo die audiovisuelle Technik in Perfektion eingesetzt wird, und das ergreifende Stück „Hingabe“, wo Liebe und Hingabe zu spirituellen Höhen aufsteigen. Bei der Vorstellung, die ich sah, weinten ein paar Leute im Publikum.
Die Solotänzer Jaling Chen, Daoyang Zheng, Alvin Song, Elsie Shi, Victor Li und der charismatische Monty Mou – der in Sydney geboren ist – sind alle klassisch ausgebildet und beherrschen die Technik ihrer Kunst hervorragend. Aber als ob die Bühnenkünstler nicht schon genug wären, besteht Shen Yun darauf, mit einem vollständigen Orchester auf Tournee zu gehen. Es vereint alles, was wir in einem westlichen Sinfonieorchester hören, mit dem einzigartigen Klang alter Instrumente, die die Melodie der Originalkomposition tragen. Chia-Chi Lin dirigiert ihre Musiker mit großer Souveränität und Linda Wangs Erhu-Solo war wunderbar sinnträchtig und emotional.
Es gibt so viel, das man an Shen Yun lieben kann, dass es kleinlich wäre, die Elemente zu erwähnen, die für ein westliches Publikum nicht ganz so funktionieren. Es ist Unterhaltung auf höchstem Niveau, und obwohl die Ticketpreise hoch sind (Shen Yun ist ein gemeinnütziges Unternehmen), wo kann man sonst ein Tournee-Ensemble mit etwa 80 Künstlern und Musikern erleben, die in einer solch beispielhaften Spitzenleistung alles geben?
Die Kraft des Theaters verblüfft mich immer wieder, und hier machen wir in einer zweistündigen Performance eine lebensbejahende und lebensverändernde Erfahrung.
Ein Erlebnis, das Sie noch lange nach dem letzten Vorhang begleiten wird.
„Stage Whispers“ („Bühnengeflüster“) ist ein zweimonatlich erscheinendes Magazin, das über die darstellende Kunst in Australien und Neuseeland berichtet.
8. Februar 2018