Fahrtenbuch Nordamerika-Tour – Teil II
8. April, 5:20 Uhr (Mountain Time)
Vielleicht ist das Einzige, das auf Tournee noch verrückter ist, als nonstop unterwegs zu sein, das Aufbauen und Aufführen und wieder am gleichen Tag aufführen.
Das heißt, wir müssen die Sachen reinholen, die Bühne vorbereiten, die Kostüme und Requisiten holen und vorbereiten, irgendwo mittendrin Tanzstunde haben, Soundchecks für die Sänger und das Orchester ausführen und nochmals die Tanzabstände überprüfen - und das alles morgens. Dem folgt eine Aufführung um 14:00 Uhr und eine weitere um 19:00 Uhr.
Also ich bin hier beim Produktionsteam und wir sind gerade – gegen fünf Uhr morgens – dabei, zum Southern Alberta Jubilee Auditorium in Calgary loszufahren. Es wird ein laaanger Tag werden …
9. April, 22:59 Uhr
Wir haben hier in Calgary drei Aufführungen abgeschlossen. Wir fanden sogar einen Moment, um durch die großen Glasfenster der Eingangshalle einen Blick auf die fernen kanadischen Rockies zu werfen. Wir bauen die Bühne ab, laden alles in den LKW und kehren zum Hotel zurück. Aber wir können uns noch nicht zu sehr entspannen, weil …
10. April, 4:00 Uhr
Wir sind bereits im Auto und fahren etwa 320 Kilometer nördlich nach Edmonton, wo wir mit dem Aufbau beginnen. Ich hoffe, es gibt dort einen Tim Horton in der Nähe.
7:30 Uhr
Wir kommen am Theater an. Es gibt dort einen Timmys und ein Starbucks auf der anderen Straßenseite.
11:11 Uhr
Das Theater sieht dem Letzten furchtbar ähnlich. Im Obergeschoss gibt es einen Proberaum und im Erdgeschoss einen Übungsraum, genau wie im letzten Theater. Alle Umkleidekabinen sind an den gleichen Plätzen und sogar die Aufteilung der Räume ist genau die Gleiche!
Nein, dies ist kein Déjà-vu-Erlebnis - wir sind im Northern Alberta Jubilee Auditorium.
Sollten Sie noch nicht dahintergekommen sein, es ist das Schwester-Theater des Southern Alberta Jubilee. Die Bühne, Kulissen, Zuschauerplätze und sogar die Eingangshalle ist die Gleiche. Es ist so, als ob wir Calgary nie verlassen hätten.
11. April, 11:46 Uhr
Die gestrige Premiere lief gut und wir hatten wieder ein volles Haus. Um die Nebenwirkungen unseres intensiven Zeitplans abzufedern, nehmen wir uns frei und verbringen einige Stunden in der West Edmonton Mall.
Es wird als das größte Einkaufszentrum in Nordamerika angepriesen. Der Grund ist wahrscheinlich der, weil es zwei Vergnügungsparks beinhaltet – einer mit Achterbahnen und der andere mit Wasserrutschen – sowie eine Eislaufhalle und ein Piratenschiff. Leider haben wir nicht genug Zeit, um diese Attraktionen zu genießen, da wir heute Abend noch eine Aufführung haben. Die meisten von uns sind mit dem T&T Supermarkt zufrieden, wo wir uns mit asiatischen Leckereien, die wir im Einkaufszentrum nicht gefunden haben, eindecken.
12. April, 9:22 Uhr
Wir sind wieder unterwegs. Unsere letzte Station ist neun Stunden entfernt in Regina, wo wir morgen Abend ein Aufführung haben werden.
13. April, 22:50 Uhr
Nach dem letzten Vorhang im Conexus Arts Center ist der relativ kurze kanadische Teil unserer Tournee beendet. Was folgt, ist eine 3068 Kilometer weite, 38-Stunden dauernde Reise zurück nach New York. Wir dürfen ZWEI Nächte nacheinander im Bus verbringen.
Jeder duscht sich abwechselnd, während wir die Bühne abbauen. Nach dem Laden des LKW freue ich mich auf eine schöne, heiße, entspannende Dusche. Es wurde jedoch eine schnelle Dusche mit eiskaltem Wasser.
Nachdem wir uns bei den lokalen Organisatoren für ihre Gastfreundschaft bedanken, besteigen wir um Mitternacht den Bus und beginnen den langen Weg nach Hause.
14. April, 4:10 Uhr (Central Time)
Wir kommen an der US-kanadischen-Grenze an, doch ist es nicht die gleiche wie beim letzten Mal. Ein Beamter der Einwanderungsbehörde sammelt unsere Pässe ein und scherzt, dass wir wegen so vielen Leuten erst nach Stunden weiterfahren könnten.
Ich tue mein Bestes mit ihnen zu kooperieren und versuche nicht so auszusehen als ob ich gerade erst nach vier Stunden Schlaf aufgewacht wäre. Glücklicherweise läuft die Einreise glatt ab und wir sind eine Stunde später wieder in den USA.
10:49 Uhr
Wir halten an einem Walmart in North Dakota an. Dort waschen wir uns und wechseln unsere Kleidung und ziehen etwas Bequemeres an.
14:30 Uhr
Um unsere Langeweile und Müdigkeit nach über 14 Stunden zu erleichtern, werden wir in einem Outlet in Albertville, Minnesota losgelassen. Es ist heiß und ich habe keine Lust auf einen Einkaufsbummel, also mache ich einen Spaziergang um den ganzen Platz herum, um mich etwas zu bewegen und genieße die frische Luft, solange ich das noch kann.
21:43 Uhr
Noch ein weiterer Autobahnrastplatz. Die Jungs an der Theke haben wahrscheinlich noch nie so viele Menschen gesehen, die Instant-Nudeln machen.
15. April, 0:00 Uhr
Plötzlich werden wir von sintflutartigem Regen und hellen weißen Blitzen angegriffen. Mit der Zeit verstärken sich die Blitze und bald werden wir alle paar Augenblicke durch weißes Licht geblendet. Es ist zugleich genial und erschreckend. Es hindert mich auch am Schlafen. Es sieht so aus, als ob ich warten müsste, bis der Sturm vorbei ist.
1:10 Uhr
Ich gebe es auf, darauf zu warten, dass der Sturm vorübergeht und werde „ohnmächtig“.
7:38 Uhr (Eastern Time)
Ich verharre viel zu lange in der gleichen Position. Mein Rücken tut weh, mein Hals ist verkrampft (wieder einmal) und meine Beine sind unglaublich steif. Ich brauche wahrscheinlich ein oder zwei Tage, um mich zu erholen.
15.35 Uhr
Endlich kommen wir in New York an! Im Freien herumzuwandern, fühlte sich noch nie so gut an. Jetzt ist es an der Zeit für etwas Ruhe und um zu einem normaleren Tourneeplan zurückzukehren.
Gary Liu
Tänzer
27. April 2012