Über Kimchi und Kängurus
Manchmal, wenn wir auf Tournee sind, merke ich, dass ich schon ganz auf Routine eingestellt bin: Wieder zur nächsten Stadt aufbrechen, in Hotels ein-und auschecken, das ist für mich schon etwas Selbstverständliches. Ja, es geschieht sogar allzu leicht, dass ich vergesse, eine neue Stadt oder ein neues Land zu erkunden! Aber in der letzten Zeit konnte mir das nicht passieren - denn die Städte, die wir eben erst besuchten, boten uns ein reiches Spektrum an aufregenden Erlebnissen!
Nachdem wir Hawaii verlassen hatten, reisten wir weiter nach Südkorea. Auf diesen Teil der Tournee hatte ich mich besonders gefreut. Es war vier Jahre her, dass ich zum letzten Mal meinen Fuß auf den asiatischen Kontinent gesetzt hatte, und die Erinnerungen daran waren sehr verlockend! Sobald ich hörte, dass unser Weg in diesem Jahr dorthin führen würde, war ich also voll Erwartung.
Ich wurde nicht enttäuscht. Schon als wir am „Inchon-Seoul International Airport“ ankamen, empfand ich etwas Mystisches, das sich oft mit dem Besuch anderer Länder, die völlig verschieden von der eigenen Heimat sind, verbindet. Als Chinese, der in Amerika aufgewachsen ist, hatte ich vom Leben auf der anderen Seite der Erdkugel nur wenig Vorstellung. Ich kannte diese Welt nur aus asiatischen Filmen und Fernsehshows - als ich aber wirklich in Südkorea war, spürte ich die Verbindung mit meinen östlichen Wurzeln stärker. Und doch war alles um mich so ungewohnt, dass ich mich gleichzeitig als Fremder fühlte, obwohl ich ja von meiner körperlichen Erscheinung her der dortigen Bevölkerung ähnlich war.
Alles war anders, und dennoch sehr einladend. Die Städte waren voll Leben, aber sehr sauber. In allen Farben leuchteten hell die Reklamen auf der Straße - als wollte jede Stadt sein wie das Time Square in New York. Doch war es für uns, die wir an den berüchtigt barschen Ton der New Yorker gewohnt sind, eine unerwartete Freude, hier asiatische Effizienz zu erleben: Man wird bei allen Services mit einer so ausgesuchten Höflichkeit und Ehrerbietung betreut, wie man sie sonst kaum in der Welt finden kann. Es war sehr erfrischend. Was mich am meisten berührte, war, wie sehr uns das Publikum dankte. Die Bravo-Rufe beim Fall des Vorhangs ließen mich erkennen, dass sich unsere Mühe wirklich gelohnt hat! So fühlte ich mich reich beschenkt, und das einzige, was ich in Korea vermisste, war warmes Wetter im Januar – doch das konnten wir bald darauf bei unserer Ankunft in Neuseeland genießen.
In Auckland fühlte ich mich viel eher heimisch, auch wenn ich unter den Leuten auf der Straße nun nicht mehr so unauffällig war. Meine Glieder, die noch den Frost aus Korea in sich trugen, tauten im warmen Wetter schnell auf. Die entspannte Atmosphäre des Landes erweckte in mir ein erstaunliches Gefühl der Vertrautheit. Ich bin schließlich in Südkalifornien aufgewachsen, so kam es mir in Auckland vor wie zu Hause.
Unser Aufenthalt dauerte nur ungefähr eine Woche, dann brachen wir nach Sydney in Australien auf. In diesem Jahr war Sydney ein besonderes Ziel, weil wir fast drei Wochen dort blieben - das ist die längste Zeit, die ich jemals während einer Tournee in einer Stadt verbrachte. Für ein so großes Ensemble wie unseres bedeutete es wirklich eine Wohltat, weniger Zeit mit Transfers zu verbringen, für längere Zeit einmal nicht die Bühne auf- und wieder abbauen zu müssen, und in Ruhe die neue Umgebung genießen zu können. Es boten sich mir auch einige sehr gute Gelegenheiten, die Stadt zu erkunden – ihre Lokale und Geschäfte, aber auch die Strände.
Nachdem wir Sydney hinter uns gelassen hatten, folgte eine Woche mit Vorstellungen in Melbourne, bevor wir zu einigen Aufführungsterminen nach Canberra weiter fuhren. Dort konnten wir auch den Nationalpark besichtigen und uns unter die einheimischen Wildtiere mischen – Kängurus und Emus!
Südkorea und Australien kommen mir wirklich wie zwei verschiedene Welten vor, jede strahlt eine andere Atmosphäre aus, aber jede hat ihren Charme und erfreut die Besucher auf ihre Weise. Der letzte Monat war wirklich eine schöne Zeit, aber als Chinese freue ich mich besonders auf unser nächstes Land: Taiwan!
Lasst euch bald wieder blicken!
Ming Liu
Tänzer
24. März 2011