Denver-Aufführungen – eine seltenes Erlebnis
Beim Bummeln durch die Straßen von Denver, einen Tag nach unserer Ankunft, musste ich plötzlich anhalten, da ich nicht richtig atmen konnte. Danach fuhr ich wie gewöhnlich fort und dachte mir nichts weiter dabei.
Später auf der Bühne im Buell Theatre sind mir auch Momente unerwarteter Atemlosigkeit aufgefallen und ich empfand die erste Aufführung ein bisschen wie ein Kampf, besonders bei den anspruchsvolleren Stücken. Ich dachte jedoch nicht weiter darüber nach. „Vielleicht ist es nur etwas Müdigkeit von den vielen Reisen, die wir in letzter Zeit machten?“
Am nächsten Tag fuhren wir zum Red Rocks Amphitheater zur Besichtigung. Als ich einen etwas steilen Weg hinaufging, gewunden inmitten geneigter Felsformationen, und auf frostige Berge in der Ferne starrte, wurde der malerische Moment jäh unterbrochen — wieder konnte ich nur schwer atmen. "Mann! Ist mein Fitness-Niveau jetzt wirklich so niedrig?“
Dann bemerkte ich, dass eine Freundin auch schnaufte und keuchte. Dies geschah sehr zur Belustigung unserer Tanzlehrerin, die zurückblickte, während sie auf die beiden angeblich leistungsfähigen Tänzerinnen zeigte und lachte, da wir uns abkämpften und aussahen wie ein Paar alter Ochsen, die den Himalaja besteigen.
Trotz des überraschend mühsamen Aufstiegs, lohnte sich der Ausflug. Für eine Tänzerin auf Tournee, fühlt es sich manchmal so an, als ob das Zuhause ein Dreieck von Innenräumen wäre: Bus, Hotel, Theater. Das kühle Freilicht-Amphitheater war eine erfrischende Abwechslung.
Ich wollte auch den Klang dort ausprobieren – es gilt als eine der besten natürlichen Akustiken der Welt. Das Theater ist umgeben von Mauern der unnachahmlichen roten Felsen und dadurch hat es einen Klang ohne, dass man eine Tonanlage braucht. Ich glaube nicht, dass die Bühne dieses Theaters eine Aufführung wie die unsere mit den großen Tanzformationen und animierten Hintergründen aufnehmen würde, aber es war perfekt zum Singen.
Einer nach dem anderen ergriffen unsere Solisten die Gelegenheit zum Singen, während andere zu den höchsten Bänken kletterten, um von allem die beste Aussicht zu erhalten, oder auf einem der 9.450 Zuschauerplätze saßen. Als sie Sopranistinnen Geng Haolan und Huang Biru, Tenöre Yuan Qu und Huang Xing in aufsteigende Arien ausbrachen, drehten sich andere Touristen um, setzten sich hin und hörten zu und warteten geduldig auf das Ende jedes Liedes bevor sie dies mit herzlichem Applaus belohnten. Diese Sänger hatten offensichtlich eine Menge Luft.
Aber als Australierin und nicht mit der amerikanischen Geographie vertraut, erfuhr ich erst später, dass die Höhe fast genau eine Meile (ca. 1,6 Kilometer) über dem Meeresspiegel liegt. Ich habe auch gelesen, dass diejenigen, die normalerweise 16 Kilometer am Tag laufen schon damit zufrieden sind, wenn sie in Denver ungefähr 10 Kilometer laufen können. Viele erfahrene Athleten haben hier Schwierigkeiten, ihre normale Leistung aufgrund der dünnen Luft zu erreichen, doch fliegen Baseballs hier viel weiter, wenn sie angeschlagen werden.
Wenn ich über unsere Aufführungen dort nachdenke, bin ich erstaunt, wie gut die Tänzer und Tänzerinnen alles gemeistert haben – außer dem bisschen schnaufen und keuchen, war alles völlig normal!
Trotz der natürlichen Schönheit von Denver und dem schönen Zentrum für darstellende Künste, ist es schön jetzt in DC zu sein, wo ich beim Tanzen so viel Sauerstoff wie nur möglich bekommen kann.
Jedenfalls werde ich mein „seltenes“ Erlebnis in Denver nicht vergessen.
Rachael (Yu Ming) Bastick
Sopranistin
31. März 2012