Der Affenkönig – aus der Perspektive der Feen
Der Spaß an den Tänzen, die auf einer Geschichte basieren, ist teils auch, dass wir verschiedene Rollen spielen dürfen. Von Gottheiten über kaiserliche Konsorten zu weiblichen Kriegern. Ich genieße es am meisten, eine Pfirsiche pflückende Fee zu sein.
In der Szene aus der klassischen Novelle Reise in den Westen, die wir in dieser Saison spielen, schauen wir uns noch mal die Geschichte an, wie der Affenkönig auf die Erde kam. Wie unsere Moderatoren sagen, ist die Geschichte recht „einfach“: der Affenkönig platzt aus einem Felsbrocken heraus, fliegt hoch in die himmlischen Gefilde, isst eine ganze Menge Pfirsiche … und da kommen die himmlischen Feen.
Vierzehn Pfirsiche pflückende Feen wie ich schweben vom himmlischen Palast des Jade-Kaisers herab, tragen wunderschöne Kleider in Schattierungen von blassgelb, koralle und fluoriszierendem Smaragd mit babyrosa Schärpen, die von den grünen Bündchen um unsere Handgelenke herabhängen – ich fühle mich wirklich so, als wenn ich oben im Himmel wäre.
Sanft halten wir unsere zarten Körbe und gehen durch den himmlischen Garten, um die besten und reifsten Pfirsiche des ewigen Lebens für das Bankett des Jade-Kaisers zu pflücken. Gerade dann werden wir von einem albernen Affen unterbrochen, der ein Nickerchen in einem der Pfirsichbäume macht. Er springt vom Baum, verängstigt uns mit seinen wütenden Blicken und verlangt zu wissen, wieso er bei seinem Schläfchen gestört wurde.
Eine der Feen erklärt die Situation und der schlechtgelaunte Affe wird fröhlich, eifrig fragt er, ob er auch zu dem himmlischen Bankett eingeladen sei. Das ist er nicht. Er wird wütend und bedroht uns, indem er seinen goldbebänderten Stock schwingt. Zum Glück fliegt - gerade rechtzeitig, um ihn noch zu stoppen - der taoistische Unsterbliche Taibai Jinxing herab. Wir Feen schmiegen uns in einer Ecke aneinander, während der Taoist dem erregbaren Affen die Situation noch einmal erklärt.
Manchmal macht es mir Spaß, den Gesichtsausdruck des Affenkönigs zu beobachten. Er ist offensichtlich verwirrt, weil er den Taoisten wieder mit einem breiten Lächeln fragt, ob er zum Bankett eingeladen ist. Alberner Affe. Ich schätze er denkt, mit diesem Grinsen dürfe er doch kommen, aber die Antwort ist immer noch nein.
Der Kiefer des empörten Affen fällt herab, seine Nasenlöcher flackern. Er fängt an, auf und ab zu springen und seinen Stock zu schwenken, bereit, seinen Ärger heraus zu lassen. Zum Glück kommen gerade dann die himmlischen Wachen rechtzeitig, um den Affen zu bekämpfen, während wir zurück zum Palast entkommen.
Während unserer Abwesenheit besiegt der Affenkönig die himmlischen Wachen und fängt an, triumphierend in Richtung Palast zu fliegen. Aber dann wird er von Buddha aufgegriffen, ihm wird von einer Göttin geholfen und er wird an einen Mönch weitergegeben und dann auf eine Reise geschickt. Ganz einfach!
Helen Shia
Tänzerin
Tänzerin
5. April 2012