Vom Krieger zu Pigsy
Ich knie unter hunderten von anderen Terracotta-Kriegern aus der Qin Dynastie, Speer und Schild in der Hand, konzentriert und wachsam. Sobald der Vorhang fällt, flitze ich in den Schnell-Umziehraum und entledige mich eilig meiner Bewaffnung. Ich stopfe mich selbst in meinen „Dicken-Anzug“ und in die Kleidung mit Übergröße. Dann schaue ich noch rasch in den Spiegel und begebe mich zur Seitenbühne, um dort zu warten.
Die chinesische Flöte spielt ein bekanntes Vorspiel, das ist kurz bevor der Vorhang aufgeht. Wenn er dann aufgeht, setze ich mir selbst ein möglichst dummes Aussehen auf und stolpere als Pigsy, eine tollpatschige Figur aus der klassischen chinesischen Erzählung „Reise in den Westen“, auf die Bühne.
Das sind zwei der neuen Tänze, mit denen wir zurzeit im National Arts Centre in Ottawa, Kanada, auftreten. Jedes Jahr gibt es eine neue Programmserie und es scheint jedes Jahr so, dass die Anforderungen höher werden, sei es in Bezug auf die Tanztechniken oder die Porträtierungen von verschiedenen Charakteren. Im Vergleich zum letzten Jahr ist es für mich äußerst herausfordernd, dass ich innerhalb einer kurzen Zeit zwischen einem ganz unterschiedlichen Bereich von Charakteren wechseln muss. Doch je öfter ich diese Tänze auf der Bühne darbiete, umso mehr erlebe ich die Reichhaltigkeit der traditionellen chinesischen Kultur und die Aufführung wird zu einem Bildungsprozess für das Publikum wie auch für mich selbst.
Wenn wir schon vom Publikum reden, wir hatten bis jetzt in Kanada nur vier Aufführungen, doch die Reaktion war unglaublich. Wir befinden uns mitten in der Ferienzeit und trotzdem war der Zuschauerraum fast voll und den Kritiken nach haben ihnen die Vorstellungen wirklich gefallen. Dies ist wieder ein sehr ermutigender Start in einen neue Saison.
Und ganz zum Schluss wünsche ich Ihnen noch ein gutes neues Jahr!
Gary Liu
Tänzer
29. Dezember 2010