Berühmte Parallelfiguren 2/10: Laozi und Sokrates
In dieser Reihe befassen wir uns mit historischen Persönlichkeiten aus der Vergangenheit Chinas, die unverkennbare westliche „Äquivalente“ haben.
Was meinen Sie, wie gut Laozi und Sokrates miteinander auskommen wären, wenn sie sich getroffen hätten? Abgesehen von der Sprachbarriere, worüber würden sie wohl reden?
Nun, diese beiden hochgeschätzten Weisen waren Menschen von großer Weisheit, also trugen ihre Worte Schichten von Bedeutungen. Aber im Geiste eines guten Spaßes haben wir uns einige ihrer bekannten Zitate ausgeliehen, um ein imaginäres Gespräch auf einem antiken sino-griechischen Marktplatz im Freien zu inszenieren.
Beide drücken ihre Gedanken aus, während sie das Treiben in der Welt der Sterblichen beobachten. Beachten Sie, wie ähnlich ihre Ansichten zu manchen Themen zu sein scheinen. Als Laozi und Sokrates vor etwa 2.500 Jahren sprachen, waren ihre Umstände und ihr Zielpublikum natürlich nicht dieselben. Behalten Sie das also im Hinterkopf … viel Spaß!
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Als Sokrates sieht, wie die Menschen mit ihren Einkäufen von Geschäft zu Geschäft gehen, bemerkt er: "Reich ist der, der mit dem Geringsten zufrieden ist. Denn Zufriedenheit ist der Reichtum der Natur."
Laozi streichelt seinen langen weißen Bart und nickt zustimmend: "Wer zufrieden ist, ist reich."
Inmitten des Lärms der Verkäufer, die ihre Waren anpreisen, sagt Sokrates mit einem Lächeln: "Stille ist eine tiefe Melodie für diejenigen, die sie über all dem Lärm hören können."
"Wenn es Stille gibt, findet man den Anker des Universums in sich selbst", stimmt Laozi zu.
"Erkenne dich selbst", fügt Sokrates hinzu.
"Andere zu kennen heißt, klug zu sein", sagt Laozi. "Sich selbst zu kennen heißt, erleuchtet zu sein."
Ein Adliger, der vorbeikommt, belauscht ihr Gespräch und erkennt, dass die beiden Männer der Weisheit sind. Trotz seines Reichtums ist der Adlige oft von Traurigkeit geplagt. Er versucht, sich durch den Kauf von Dingen glücklich zu machen. Doch das erlangte Glück ist flüchtig. Er wendet sich an die beiden und fragt nach dem Geheimnis des wahren Glücks.
Seufzend sagt ihm Laozi: "Wenn dein Glück vom Geld abhängt, wirst du niemals mit dir selbst glücklich sein."
Sokrates tröstet den Edelmann und erklärt: "Das Geheimnis des Glücks liegt nicht darin, nach mehr zu streben, sondern darin, die Fähigkeit zu entwickeln, weniger zu genießen."
Der Mann ist verblüfft von der einfachen Offenbarung, und seine Einstellung zum Leben ändert sich völlig. Er bedankt sich bei den beiden und setzt seinen Weg fort, tief in Gedanken versunken …
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Laozi und Sokrates, die oft als die Väter der östlichen bzw. westlichen Philosophien angesehen werden, sprachen von Wahrheiten, die universell sind. Und die Ähnlichkeiten zwischen ihren Lehren sind faszinierend und wert, darüber nachzudenken. Sie schienen sich sogar über das Nichtwissen einig zu sein:
Laozi: "Zu erkennen, dass man nicht versteht, ist eine Tugend; nicht zu erkennen, dass man nicht versteht, ist ein Fehler."
Sokrates: "Die einzig wahre Weisheit besteht darin, zu wissen, dass man nichts weiß."
So bescheiden sie auch waren, es gibt so viel, was wir von ihnen lernen können. Diese Weisen des Altertums richteten ihre Aufmerksamkeit nach innen. Sie kultivierten ihr Herz und erlangten Selbstbeherrschung durch die Überwindung von Ängsten und Begierden.
Wie sie erklärten:
Laozi: "Manifestiere Schlichtheit, umarme die Einfachheit, reduziere den Egoismus, habe wenige Wünsche."
Sokrates: "Je weniger Wünsche wir haben, desto mehr ähneln wir den Göttern."
Vielleicht versuchen Sie das nächste Mal, wenn Sie sich in einem Konflikt mit jemandem befinden, Ihre Aufmerksamkeit von außen nach innen zu richten. Versuchen Sie, Fehler in sich selbst zu finden, anstatt sie bei anderen zu suchen. Trauen Sie sich, es zu versuchen? Wenn Sie es tun, haben Sie vielleicht gerade den ersten Schritt getan, ein Weiser zu werden!
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Als die Zhou-Dynastie etwa im vierten Jahrhundert v. Chr. im Niedergang begriffen war, beschloss Laozi, seinen Abschied zu nehmen und ritt in den Westen, um nie wieder gesehen zu werden. Doch bevor er das tat, schrieb er 5.000 Worte der Weisheit, das Daodejing, und hinterließ es seinen zukünftigen Schülern zum Studium und zur Anwendung.
Etwa zur gleichen Zeit, im Jahr 399 v. Chr., wurde Sokrates wegen Verunglimpfung des athenischen Pantheons und "Verderbnis der Jugend" verurteilt. Er wurde gezwungen, sich selbst zu töten, indem er eine Schale mit Gift trank. Sokrates stand zu den Wahrheiten, die er im Laufe seines Lebens lehrte, und hinterließ seinen Schülern eine letzte Lektion.
"Wenn der Schüler bereit ist, wird der Lehrer erscheinen. Wenn der Schüler wirklich bereit ist … wird der Lehrer verschwinden", sagte Laozi.
"Ich kann niemanden etwas lehren. Ich kann sie nur zum Nachdenken bringen", sagte Sokrates.
Leeshai Lemish
Moderator