Berühmte Parallelfiguren 8/10: Wang Zhaojun und Helena von Troja
In dieser Reihe befassen wir uns mit historischen Persönlichkeiten aus der Vergangenheit Chinas, die unverkennbare westliche „Äquivalente“ haben.
Heute werfen wir einen Blick auf zwei der legendär schönsten Frauen der Geschichte. Obwohl die eine dafür gefeiert wird, sich für den Frieden aufgeopfert zu haben und die andere für Kriege in Erinnerung bleibt, die durch ihre Herzensangelegenheiten ausgelöst wurden, gingen beide möglicherweise ihre vorherbestimmten Wege. Vielleicht waren beide sogar Abgesandte einer göttlichen Intervention.
Wer waren sie?
Chinesische Überlieferungen erzählen von den vier großen Schönheiten. Das waren vier Frauen aus verschiedenen Dynastien, die so atemberaubend schön waren, dass bei ihrem Anblick Fische untergingen (Xi Shi), der Mond in Finsternis geriet (Diao Chan), blühende Blumen vor Scham erblassten (Yang Guifei) und Vögel im Flug vom Himmel fielen (Wang Zhaojun).
Wang Zhaojun wurde vor über 2.000 Jahren, während der westlichen Han-Dynastie, geboren. Neben ihrem bezaubernden Aussehen war sie auch in den klassischen Texten ausgebildet und für ihr künstlerisches Talent bekannt. Mit der Zeit wurde die junge Dame in den kaiserlichen Palast berufen, um sich darauf vorzubereiten, die Konkubine des Kaisers zu werden.
Damals war es üblich, dass kaiserliche Künstler Porträts der Haremsdamen malten, aus denen der Kaiser auswählen konnte. Leider wurde der Hof von korrupten Eunuchen geleitet, so dass die jungen Damen diese bestechen mussten, um eine Chance zu haben, ausgewählt zu werden. Aber Wang weigerte sich, auf Bestechung zurückzugreifen. Als Vergeltung fügte der Künstler ihrem Porträt ein unansehnliches Muttermal hinzu. So übersah der Kaiser Wang und machte sich nie die Mühe, sie zu sehen.
Während dieser Zeit befand sich China in einem blutigen Krieg mit einem nördlichen Stamm, der immer wieder ausbrach. Der Kaiser und der Stammeshäuptling einigten sich schließlich darauf, den Konflikt durch einen Heiratsvertrag zu lösen. Der Häuptling bestand darauf, keine andere als die Tochter des Kaisers zu bekommen. Doch der Kaiser war nicht bereit, sich von seiner kostbaren Prinzessin zu trennen. Er befahl daher, eine andere Frau an ihrer Stelle auszuwählen. Die Beamten legten Wangs wenig schmeichelhaftes Porträt zur Genehmigung vor, und er gab ein nonchalantes Okay.
Der Kaiser hatte keine Ahnung von Wangs überragender Schönheit, bis sie dem Häuptling vorgestellt wurde. Aber da war es schon zu spät. Sie wurde in die wilden Grasländer des hohen Nordens entführt und sollte nie wieder zurückkehren.
Der Häuptling war mit seinem Teil der Abmachung sehr zufrieden. Von da an verbesserten sich die Beziehungen zwischen seinem Volk und den Han merklich, und es herrschte über ein halbes Jahrhundert lang Frieden.
Wang Zhaojun büßte ihre eigene Zukunftsperspektive für das Wohlergehen ihres Heimatlandes ein. Kurz gesagt, ihre Geschichte ist die eines großen persönlichen Opfers. Und dank dieser einen jungen Frau wurden unzählige Leben verschont.
Einige Volksweisheiten besagen, dass Wang eine himmlische Fee war, die vom Himmel herabgesandt wurde, um die beiden Nationen zu versöhnen – das war ihre Mission.
Wie Sie vielleicht wissen, glaubt die traditionelle chinesische Kultur, dass alle Ereignisse von historischer Bedeutung von den Göttern arrangiert werden und unter ihrer bewussten Führung stehen. Dazu gehören auch Kriege und der Aufstieg und Fall von Dynastien. Man glaubt auch, dass der Kaiser der Sohn des Himmels ist; er ist von den Göttern auserwählt und muss das Mandat des Himmels aufrechterhalten. Ein Sterblicher könnte es also kaum schaffen, Spuren in der Geschichte zu hinterlassen oder das große Drehbuch der Geschichte nennenswert zu verändern, es sei denn, er oder sie erfüllte den Willen des Himmels.
Von Zhaojuns angeborenen Gaben bis hin zu jedem Schritt, der sie in den Palast brachte und schließlich zu einer monumentalen Entscheidung führte, war also vielleicht nichts davon zufällig.
Helena von Troja
Während Wangs Schönheit Vögel vom Himmel stoßen konnte, hatte Helena von Troja ein Gesicht, das tausend Schiffe versenken konnte. Jahrhundertelang wurde sie immer wieder als "die schönste Frau der Welt" betitelt.
Als Tochter von Zeus und der sterblichen Königin Leda war Helena eine Halbgöttin. Ihre Geschichte, die in Homers Ilias und Odyssee geschildert wird, wurde über drei Jahrtausende hinweg immer wieder in Kunstwerken, Theaterstücken und Filmen wiedergegeben.
Helena, so die Geschichte, wurde von vielen mächtigen und einflussreichen Männern bewundert. Es war König Menelaos von Sparta, der ihre Hand gewann, aber sie wurde später vom trojanischen Prinzen Paris entführt und nach Troja gebracht. Variationen der Geschichte gibt es viele: Wurde sie hilflos verschleppt oder ist sie tatsächlich mit Paris durchgebrannt?
Wie dem auch sei, die wütenden Spartaner machten sich mit tausend Schiffen auf den Weg, um Troja anzugreifen und Helena zurückzuholen, womit der blutige zehnjährige Trojanische Krieg begann. Am Ende wurde Paris in der Schlacht getötet und Helena kehrte nach Hause zurück.
Weniger bekannt ist jedoch, dass der Ehemann von Helenas Mutter (ihr Stiefvater König Tyndareus) einst versehentlich die Göttin Aphrodite beleidigte. Die Göttin belegte alle Töchter des Tyndareus – sowohl seine eigene als auch Helena – mit einem Fluch, der sie dazu verdammte, ihre Ehemänner zu verlassen und sich in mehrere Ehen zu verstricken.
Und auch wenn es den Anschein hat, dass es Paris' Idee war, nach Sparta zu gehen – unter dem Vorwand einer diplomatischen Mission – um Helena zu entführen, so war auch dies vorherbestimmt.
Die Vorgeschichte: In "Das Urteil des Paris" benutzt Zeus Paris, um die Gewinnerin eines Schönheitswettbewerbs auszuwählen, an dem drei Göttinnen teilnehmen – Aphrodite, Hera und Athene. Jede der Göttinnen lockt Paris mit einer gewaltigen Belohnung. Doch Paris entscheidet sich für Aphrodite, weil sie ihm die schönste Frau der Welt anbietet – Helena, die Stieftochter ihres alten Widersachers Tyndareus. Im Laufe der Geschichte führt Aphrodite Paris und Helena immer wieder zueinander. Erschwerend kommt hinzu, dass das Ganze den Zorn der Göttin Hera hervorruft, die den obigen Schönheitswettbewerb verloren hat. Und als sich die Königin des griechischen Pantheons rächen will, geht sie aufs Ganze.
Da die antike griechische Geschichte stark mit der griechischen Mythologie verwoben ist, ist es nicht verwunderlich, dass der Trojanische Krieg von den Göttern gelenkt wird. So könnte Helena als Darstellerin in einem großen Schauspiel göttlicher Intervention interpretiert werden, an dem Aphrodite beteiligt ist, die Tyndareus verflucht – Zeus, der Paris in eine verzwickte Situation bringt, um den Wettbewerb der Göttinnen zu beurteilen – Aphrodite, die verspricht, Paris zu belohnen, und Hera, die sich an Paris rächen will. Und dann kommen noch viele weitere griechische Götter auf beiden Seiten ins Spiel, um die Rechnung zu begleichen.
Nun, da haben wir es – zwei legendäre Schönheiten aus dem Osten und dem Westen, eine, die einen Krieg befriedet hat und eine, die der Grund dafür war, einen Krieg zu beginnen. Scheinbare Parallelen, die in entgegengesetzte Richtungen verlaufen, aber wenn man das göttliche Eingreifen mit einbezieht, sind sie sich ähnlicher als sie erscheinen.
Wir haben noch ein letztes Paar Charaktere vor uns. Erraten Sie, wer sie sind?
Betty Wang
Gastautorin